Wirtschaft in Sachsen

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Biedenkopf: Ingenieure aus der DDR leisteten ungeheuren Beitrag zum Aufbau West

Donnerstag, 12. November 2009

Kurt Biedenkopf, Quell: Wikipedia © MOdmate

Kurt Biedenkopf, Quelle: Wikipedia © MOdmate

Dresden. „Ohne die Teilung wäre Sachsen eine der führenden Industrieregionen in Deutschland geworden.“ Das sagte der ehemalige sächsische Ministerpräsident Kurt Biedenkopf am Mittwochabend im Dresdner Schauspielhaus. Dort diskutierte er gemeinsam mit der Schriftstellerin Jana Hensel und dem Zeit-Chefredakteur Giovanni di Lorenzo zum Thema „Modell Sachsen: Was man von den Menschen im Freistaat lernen kann“. So habe die Wiege der Industrialisierung in Sachsen gestanden. „Ich hätte deshalb an Stelle von Angela Merkel das 100-jährige Jubiläum von Audi in Zwickau und nicht in Ingolstadt gefeiert“, so Kurt Biedenkopf. Das wäre die richtige Stelle für die Würdigung der „Ingenieure aus der DDR gewesen, die einen ungeheuren Beitrag zum Aufbau der westdeutschen Industrie geleistet haben“. Er erinnerte damit an die vor dem Bau der Mauer vollzogene große Abwanderung von Unternehmern und Fachkräften aus der DDR. Aufgrund seiner industriellen Geschichte habe sich der Freistaat unter allen ostdeutschen Bundesländern nach der Wende am besten entwickelt. Er sprach sich deshalb auch dagegen aus, die ostdeutschen Bundesländer untereinander ständig miteinander zu vergleichen. Mit nur 72 Menschen pro Quadratkilometer habe Mecklenburg-Vorpommern einfach gar nicht das Potenzial wie Sachsen mit seinem Durchschnitt von 224 Menschen pro Quadratkilometer.

Gleichzeitig erinnerte der ehemalige Ministerpräsident daran, dass die Menschen in Sachsen nach der Wende von völlig anderen Strukturen, einer anderen Gesellschaftsform und auch anderen Begriffen überflutet worden sein. Vor allem die Improvisationsfähigkeit der Menschen habe ihnen eine schnelle Orientierung in der neuen Gesellschaft ermöglicht. „Die Menschen organisierten nicht nur Wernesgrüner gegen Dachziegel, sondern auch die Gesellschaft“, so Biedenkopf. Deshalb ist er sich auch ganz sicher: „Der Westen wird in den nächsten 10 Jahren das lernen, was der Osten schon hatte.“ Biedenkopf bezog sich dabei insbesondere auf den Umgang mit der älteren Generation, der den überindividualisierten Westen auf eine harte Probe stellen werde.

Jana Hensel wies in ihren Ausführungen darauf hin, dass sich die Ostdeutschen ihre eigene Identität bewahren sollten. Bei Bundeskanzlerin Angela Merkel vermisse sie diesen Bezug, woraufhin sich Jana Hensel dazu hinreißen lies, den US-amerikanischen Präsidenten Barack Obama und die Bundeskanzlerin Angela Merkel als Repräsentanten einer „gesellschaftlichen Minderheit“ (Hensel) auf eine Ebene zu stellen. Kurt Biedenkopf wollte das so nicht stehen lassen: „Angela Merkel ist in Deutschland angekommen. Warum sollte sie ihre ostdeutsche Identität hervorheben“, so Biedenkopf. In seinen Augen stünden sich Mecklenburg-Vorpommer und Sachsen genauso nah wie Schleswig-Holsteiner und Baden-Württemberger.

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