Wirtschaft in Sachsen

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Genmais in Sachsen außer Kontrolle

Donnerstag, 02. Juli 2009

Mais, Gentechnik, Maisernte

Diesjähriger Mais – Foto: Kurt Bouda © PIXELIO.de

Dresden. Im April dieses Jahres fand man im Maissaatgut eines sächsischen Unternehmens Spuren des Gen-Maises NK-603. Der Anbau dieser gentechnisch veränderten Maislinie ist in Europa verboten. Dennoch war der größte Teil des Saatgutes bereits an Bauern in Baden-Württemberg verkauft und dort ausgesät worden. Mit zwei kleinen Anfragen (1 und 2) versuchte die Landtagsfraktion der Grünen zu klären, wie die Sächsische Staatsregierung künftig verhindern will, dass gentechnisch verändertes und nicht zugelassenes Saatgut auf die Felder kommt. „Die Antworten von Umweltminister Kupfer sind alarmierend“, zeigt sich Michael Weichert, agrarpolitischer Sprecher der Grünen-Landtagsfraktion besorgt. „Die Kontrollen erfolgen entweder zu spät oder gar nicht. Von den circa 50 gentechnisch veränderten Maissorten können nur 14 überhaupt im Labor geprüft werden. Für weitere 19 Sorten wird an Nachweismöglichkeiten gearbeitet. Die übrigen sind unbekannt, so dass verunreinigtes Saatgut unbemerkt auch auf sächsische Felder gelangen kann.“ Weichert fordert die Sächsische Staatsregierung auf, den Schutz der Verbraucher endlich ernst zu nehmen: „Die Mehrheit der sächsischen Bevölkerung will Gentechnik weder auf dem Feld, noch auf dem Teller. Ich erwarte von Umweltminister Frank Kupfer, dass er sich für die Umsetzung dieses Mehrheitswillens endlich einsetzt. Dazu gehört für mich auch, wirkungsvolle Instrumente zu schaffen, mit den sich genetische Verunreinigungen nachweisen lassen. Verbraucherschutz ist Ländersache, da kann sich die Staatsregierung nicht immer nur hinter EU und Bund verstecken.“

Dass Kupfer die berechtigten Sorgen der Bürger nicht interessieren, machte er erst vor einem Monat deutlich. Damals waren unbekannte Täter auf dem Gelände des Dresdner Julius-Kühn-Instituts in ein Zelt eingedrungen und hatten dort 274 Apfelbäume zerstört. Es handelte sich dabei sowohl um gentechnisch veränderte Pflanzen, aber auch um Kontrollpflanzen. In einer Presseinformation erklärte Kupfer: „Hoffentlich sind die selbsternannten Retter von Mensch und Umwelt zu Fuß nach Pillnitz gelaufen, waren mit einem Fell bekleidet und haben die 270 Bäume mit dem Faustkeil abgehakt. Das ist nämlich die Konsequenz aus Fortschrittsfeindlichkeit. Hätte die Menschheit niemals Neues gewagt, dann würden wir heute noch wie Affen auf dem Bäumen herumturnen.“ Eine Argumentation dieser Art klingt wenig nach einem mit Steuergeldern finanzierten Umweltminister, der die Sorgen der Menschen ernst nimmt, sondern vielmehr nach einem Industrielobbyisten. Aber Kupfer wäre nicht der erste Politiker der vergisst, wessen „Diener“ er eigentlich ist. Deshalb legt Kupfer in der Presseinfo auch noch einmal ordentlich nach: Gentechnik verspreche höhere Erträge und Pflanzen, die weniger anfällig für Krankheiten und Ungeziefer sind, was wiederum den Einsatz von Pflanzenschutz- und Düngemitteln spart. „Wenn wir die Forschung nicht vorantreiben und zulassen, dann werden es andere Länder tun. Wissenschaftler werden dorthin abwandern, wo sie forschen dürfen. Die Ergebnisse der Forschung müssen wir dann teuer einkaufen“, glaubt Kupfer.
Wirtschaft in Sachsen meint: Sachsen und am besten die gesamte Bundesrepublik sollte sich raushalten aus dem gefährlichen Spiel mit der Gentechnik und lieber anderen Ländern die Vergiftung ihrer Bürger überlassen. Menschen, die sich in Zukunft gesund ernähren wollen, dazu für einen Urlaub ihre Heimatländer verlassen, könnten für die sächsische Tourismusindustrie eine Zielgruppe sein, die ständig wächst. Damit könnten die Einnahmen, die in der Forschung eventuell verloren gehen, mehr als aufgewogen werden.  Übrigens hat Frank Kupfer am 2. Juni in Bad Schandau Sachsens erstes Biohotel eröffnet. „Viele Landwirte im Freistaat haben in den vergangenen Jahren auf ökologischen Anbau umgestellt. Deshalb freue ich mich über jeden neuen Kunden für Sachsens Ökobauern“, sagte der Minister während der Eröffnung. Wie sich das wiederum mit dem Genmaisanbau verträgt, müsste der Umweltminister einmal erklären.

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