Wirtschaft in Sachsen

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Die Ergebnisse der IHK-Konjunkturumfrage für Westsachsen

Freitag, 13. Februar 2009

Foto: Gerd Gropp © PIXELIO.de

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Chemnitz. An der traditionellen Konjunkturumfrage der IHK Südwestsachsen zum Jahreswechsel 2008/09 nahmen mehr als 800 Unternehmen mit rund 38.000 Beschäftigten aus den Wirtschaftsbereichen Industrie, Bau, Dienstleistungen, Handel und Güterverkehr teil. Die globale Finanzkrise und die daraus resultierenden negativen Einflüsse auf die Weltwirt-
schaft haben die sehr exportstarke, mittelständisch strukturierte Wirtschaft Südwestsachsens erreicht. Dies teilte die IHK Südwestsachsen jetzt mit.Auch wenn sich die aktuellen Geschäftsergebnisse vieler Branchen noch durchaus positiv darstellen, seien Rückgänge in den Auftragseingängen, Ertragseinbußen und erste Auswirkungen am Arbeitsmarkt unübersehbar. Weit dramatischer seien allerdings die zum Teil dramatischen Verschlechterungen der Prognosen für 2009 und das über alle Wirtschaftsberei-
che hinweg. „Diese deutlich verschlechterten Erwartungen sind im hohen Maße natürlich auch Ergebnis der pausenlosen Horrormeldungen zur internationalen Wirtschaftssituation sowie der langwierigen öffentlichen Debatten um geeignete politische Reaktionen auf die Finanz- und Wirtschaftsturbulenzen“, heißt es bei der IHK Südwestsachsen. Viele der Akteure in diesen Diskussionen sollten stärker Ludwig Erhardts Erkenntnis beachten, dass Wirtschaft mindestens 50 Prozent Psychologie ist.
Gerade von den Prognosen werden Investitions-, Beschäftigungs- und Innovationspläne der Unternehmen aber im erheblichen Maße bestimmt. Nach den geäußerten Erwartungen sieht sich die südwestsächsische Wirtschaft 2009 vor sehr großen Herausforderungen, denen sie mit gedrosselten Investitionen, verstärktem Kostenmanagement, aber erfreulicherweise zunächst mit weitgehend gleichbleibenden Belegschaftsstärken, allerdings bei breiterer Nutzung von Kurzarbeit begegnen will. Allerdings sind bei anhaltender Konjunkturschwäche in vielen Bereichen der südwestsächsischen Wirtschaft auch Entlassungen avisiert.

Die südwestsächsische Industrie, die in den letzten Jahren mit meist zweistelligen Zuwachsraten den Aufschwung Südwestsachsens maßgeblich geprägt hat, sieht sich vor allem in Auslandsgeschäften mit erheblichen Auftragsrückgängen konfrontiert, allein zwischen Juli bis November 2008  verringerte sich das Exportaufkommen auf 88 Prozent des vergleichbaren Vorjahresniveaus, weitere Rückgänge sind angezeigt. Vor allem Firmen des Fahrzeugbaus, der Textilindustrie und der Metallerzeugung/-bearbeitung melden deutliche Umsatz- und Ertragseinbrüche in den letzten Monaten.
In Folge dieser Entwicklung habe sich die Auslastung der Produktionskapazitäten in der Industrie auf 79,9 Prozent reduziert (Vorjahr: 82,0 Prozent).
„Damit lässt sich die erfreuliche Aufstockung der Belegschaften in der Industrie zunächst nicht fortsetzen“, schreibt die IHK Südwestsachsen. Viele Unternehmen im Maschinen- und Fahrzeugbau hätten in den vergangenen Wochen den Anteil ihrer Zeitarbeiter reduziert (Rückgang auf 78 Prozent des Niveaus vom Sommer 2008). „Allerdings unternehmen viele der entsendenden Zeitarbeitsfirmen ähnlich engagierte Anstrengungen wie die Industrie, ihre Belegschaften über diesen Konjunktureinbuch zusammen zu halten“, hat die IHK Süwestsachsen beobachtet.
Die Erwartungen der südwestsächsischen Industrie für 2009 sind pessimistischer, über 55 Prozent der Firmen erwarten schlechte Geschäfte, nur rund 7 Prozent bessere.

Auch die südwestsächsische Bauindustrie hat sich im 2. Halbjahr 2008 nicht konjunkturell verbessert. Der Umsatz blieb hinter dem Vorjahresniveau zurück, wozu reduzierte Investitionen der Industrie nicht unmaßgeblich beigetragen haben. Verschlechterte Ertragssituationen und kompliziertere Finanzierungen von Bauvorhaben im privaten wie gewerblichen Bau lassen auch die Prognose der Bauindustrie für 2009 deutlich pessimistischer ausfallen als zur Jahresmitte 2008. Inwieweit die angekündigten Investitionsprogramme im kommunalen Bereich dem entgegenwirken, hänge von deren schneller, unbürokratischer und mittelstandsfreundlicher Umsetzung maßgeblich ab.
In den gegenwärtigen Turbulenzen behaupten sich die Dienstleistungsbetriebe Südwestsachsens erstaunlich gut, allen voran die der Informations- und Kommunikationsbranche. Mehr als ein Drittel der Firmen sieht seine aktuelle Geschäftslage positiv, auch die Umsatzentwicklung im 2. Halbjahr 2008 ist erfreulich verlaufen. Allerdings bleiben die Entwicklungen der Industrie sowie die erwarteten Belastungen des privaten Konsums nicht ohne Auswirkungen auf die zukünftigen Geschäftsaussichten aller Dienstleistungsbranchen, fast 40 Prozent der Betriebe sieht schlechtere Geschäfte in den nächsten Monaten.
Ein kleines Zwischenhoch des Handels in Südwestsachsen durch ein gutes Weihnachtsge-schäft und eine Kaufkraftstärkung durch rückläufige Kraftstoff- und Energiepreise ist schnell verflogen und macht auch in dieser Branche sehr negativen Zukunftsaussichten Platz, fast 60 Prozent der Einzelhändler erwarten schlechtere Geschäfte, was nicht ohne Folgen für
Investitionen und Beschäftigung dieses Bereiches bleibt. Das Kaufverhalten der Bevölkerung wird wieder deutlich schlechter eingeschätzt.
Zunehmend verschlechtert sich auch die Lage des Großhandels, der bisher durch seine enge Verbindung zur Industrie und zum produktionsnahen Dienstleistungsbereich deutlich besser positioniert war als der südwestsächsische Einzelhandel. Auch die Mehrzahl der Großhändler des Kammerbezirkes Südwestsachsen (66 Prozent) befürchtet schlechtere Geschäfte im Jahr 2009.
Die sächsischen Güterverkehrsunternehmen zählen zu den vom Konjunkturabschwung besonders betroffenen Betrieben. Ohnehin schon unter starker Belastung durch hohe Kraftstoffpreise, ungleichen Wettbewerb in der EU und deutsche Alleingänge im Umweltschutz, belasten die spürbaren Auftragsrückgänge aus der Industrie und dem Handel besonders
stark. In diese Situation hinein haben die Verkehrsunternehmen ab Januar 2009 zusätzlich eine Mauterhöhung zu verkraften. Sehr starke Ertragseinbußen und spürbar verringerte Investitionen führen dazu, das 75 Prozent der Befragten für die nächsten Monate pessimistische Prognosen stellen. Die südwestsächsischen Transport- und Logistikbetriebe stehen vor existentiellen Herausforderungen, mehr als 40 Prozent der Firmen planen Entlassungen in den nächsten Monaten.

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