Wirtschaft in Sachsen

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Mit Wohn-Riester zum Eigenheim: Wie funktioniert die neue Förderung?

Dienstag, 16. Dezember 2008

Leipzig. 17.000 Euro vom Staat – so viel Geld kann sich eine vierköpfige Familie jetzt mit dem neuen Wohn-Riester innerhalb von 25 Jahren vom Staat sichern, um damit Wohneigentum zu erwerben. Eine vielversprechende Möglichkeit, zu der Verbraucher allerdings viele Fragen haben. Antworten zur Finanzierung von Wohneigentum gibt das Rahmenprogramm der ImmobilienMesse Leipzig vom 13. bis 15. Februar 2009.Sparverträge für die staatlich bezuschusste Riester-Rente dürfen seit November 2008 auch für den Hausbau oder Kauf von Wohneigentum genutzt werden. Damit können Bürger die Beiträge der staatlich geförderten Altersvorsorge für den Erwerb oder Bau selbst genutzter Wohnimmobilien verwenden. Mit „Wohn-Riester“, auch „Eigenheimrente“ genannt, gibt es nach dem Wegfall der Eigenheimzulage seit Januar 2006 erstmals wieder einen Bonus vom Staat für die eigenen vier Wände. „Wohn-Riester verbindet staatlich gefördertes Altersvorsorgesparen mit dem Erwerb einer Immobilie, die dadurch einfacher erworben und abgezahlt werden kann“, erklärt Walter Rasch, Vorsitzender des Bundesverbandes Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen e. V. (BFW) das Prinzip. „Insbesondere Haushalten mit geringerem Einkommen wird damit die Möglichkeit des Eigentumserwerbs eröffnet“, so Rasch. Zulageberechtigt seien alle Pflichtversicherten in der gesetzlichen Rentenversicherung und Beamte. Besonders Bezieher von Lohnersatzleistungen oder Familien mit Kindern ohne Einkommen sollten laut BFW durch die Eigenheimrente verstärkt gefördert werden.

Vielzahl der neuen Wohn-Riester-Produkte sorgt für Verwirrung

Aber die Verbraucher sind offenbar verwirrt. Banken und Bausparkassen – die an der neuen Förderung mitverdienen wollen – bringen seit 1. November zahlreiche verschiedene Wohn-Riester-Produkte auf den Markt. Allein die Sparkassen hatten im Vorfeld rund 400 Produkte angemeldet, die Bausparkassen rund 40. Dabei sind zwei Gruppen zu unterscheiden. Zum einen gibt es Verträge, die nach dem Hauskauf für das Abzahlen eines Darlehens genutzt werden können. Außerdem bieten die Bausparkassen eigene Produkte an, die ähnlich wie Bausparverträge funktionieren. Hier wird zunächst Kapital für den Eigenheimkauf angespart. Dann wird das angesparte Geld für das Abzahlen des Kredits entnommen.
Bereits bestehende Riester-Verträge können in Wohn-Riester umgewandelt werden. Das betrifft rund elf Millionen Deutsche, die bereits in einem staatlich geförderten Riester-Vertrag für das Alter sparen. Sie können die gesamte angesparte Summe als Startkapital für einen Wohnungskauf oder Hausbau verwenden. Zudem dürfen Riester-Sparer die laufende staatliche Förderung zu 100 Prozent in die Zins- und Tilgungszahlung für bestehendes Eigentum umleiten. Beides gilt aber nur für Immobilienprojekte, die ab 1. Januar 2008 gekauft wurden – vor 2008 gekaufte oder gebaute Objekte sind ausgenommen.

17.000 Euro in 25 Jahren für eine vierköpfige Familie

Und so funktioniert Wohn-Riester: Die Sparer zahlen – wie bei anderen Riester-Produkten – vier Prozent des Jahreseinkommens in ihren Vertrag ein, maximal 2.100 Euro. Dieses Geld kann künftig in vollem Umfang für den Hausbau oder -kauf aus dem Vertrag entnommen werden, mitsamt allen staatlichen Zulagen. Bauherren und Hauskäufer können ihr Riester-Vermögen aber erst anzapfen, wenn die Sparsumme über 10.000 Euro liegt – was durchaus zehn Jahre oder sogar länger dauern kann. Das Geld kann außerdem im Alter für die Entschuldung einer Immobilie verwendet werden.
Die staatliche Förderung ist so hoch wie bei allen Riester-Produkten: Jeder Sparer erhält jährlich vom Staat 154 Euro. Für jedes Kind bekommt er 185 Euro, für ab 2008 geborene Kinder jeweils 300 Euro. Eine vierköpfige Familie mit zwei Kindern hat also die Möglichkeit, sich im Verlauf von 25 Jahren bis zu 17.000 Euro staatliche Förderung für den Hausbau oder den Kauf von Wohneigentum zu sichern. Für Gutverdiener, die einen höheren Steuersatz haben, kann die Förderung sogar noch höher liegen.

Baufinanzierer kritisieren Verwaltungsaufwand

Die geförderten Spar- und Tilgungssummen muss der Sparer entweder auf einen Schlag versteuern, oder er kann die fällige Steuer über einen längeren Zeitraum von maximal 23 Jahren als nachgelagerte Besteuerung abstottern. Für Geringverdiener lohnt sich meist die zweite Alternative. Wer ein hohes Renteneinkommen hat, für den könnte das Abzahlen auf einen Schlag lukrativer sein: Dann gewährt der Staat 30 Prozent Steuernachlass.
Jens Zimmermann, stellvertretender Regionalvorsitzender und Sprecher des IVD Mitte-Ost e. V., sieht beim Wohn-Riester noch etliche offene Fragen: „Was ist zum Beispiel, wenn die Familie aus beruflichen Gründen umziehen muss? Riester-Wohneigentum darf zwar verkauft werden, doch dann müssen auch Teile der Riester-Förderung wieder zurückgezahlt werden. Und was passiert bei einer Scheidung?“ Zimmermann ist außerdem der Meinung, dass Bausparkassen vom Wohn-Riestern mehr profitieren als die Sparer selbst. Seiner Einschätzung nach sei darüber hinaus der Verwaltungsaufwand sehr hoch. Insgesamt ist es für Zimmermann fraglich, ob Wohn-Riester in Größenordnungen helfen wird, Wohneigentum zu erwerben. Auch andere Baufinanzierungsexperten schätzen das ganze Konstrukt als insgesamt zu kompliziert ein und fordern, dass eine Baufinanzierung einfach und effektiv und nicht zu gestückelt sein sollte.
Unterm Strich bleibt: Wer ein Haus bauen oder kaufen will, braucht mindestens 20 Prozent Eigenkapital, ein Bankdarlehen und zusätzlich noch Geld für Unvorhergesehenes und für die Altersvorsorge. Ist das nicht der Fall, sollte man lieber nicht bauen – ob mit oder ohne Wohn-Riester.

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