Freistaat bereit zu 150-Millionen-Euro-Darlehen
Dienstag, 16. Dezember 2008
Dresden. Der Freistaat Sachsen ist dazu bereit, die angeschlagene Qimonda AG mit einem Darlehen von 150 Millionen Euro zu unterstützen. Das gab die Sächsische Staatsregierung nach der heutigen Kabinettssitzung in Dresden bekannt.Ministerpräsident Stanislaw Tillich: „Der Freistaat Sachsen ist bereit zu helfen. Wir glauben an die technologische Spitzenstellung von Qimonda und die Chancen, die sich aus dem neu entwickelten Verfahren ‚buried Wordline’ ergeben. Diese Technologie ist einzigartig in der Welt und hat großes innovatives und ökonomisches Potential.“ Kritik gab es unterdessen von der Opposition. „Wir hätten erwartet, dass hinter verschlossenen Türen ein tragfähiges, bereits mit Infineon abgestimmtes Gesamtpaket geschnürt wird, bevor die Staatsregierung der Öffentlichkeit halbe Lösungen präsentiert“, sagte Karl-Heinz Gerstenberg, Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen im Sächsischen Landtag.
Die Sächsische Staatsregierung hob die herausragende Bedeutung des Engagements von Qimonda für den Halbleiterstandort Dresden mit seinen Forschungs- und Entwicklungseinrichtungen hervor. „Spitzenforschung und technologisches Wissen sind der Schlüssel für erfolgreiche industrielle Cluster mit vielen tausend Arbeitsplätzen. Wir dürfen nicht zulassen, dass das Wissen zur Fertigung von Computerspeichern Sachsen und Europa verloren geht. Die Produktion von High-Tech-Produkten wie in der Halbleiterindustrie muss auch in Zukunft hier in Sachsen möglich sein“, sagte der Ministerpräsident.
Gleichzeitig machte die Staatsregierung deutlich, dass Infineon als Qimonda-Eigentümer seiner unternehmerischen Verantwortung gerecht werden müsse: „Nur gemeinsam mit dem Eigentümer Infineon ist eine Hilfe für Qimonda möglich“, sagte Tillich. Bei seinem Engagement geht der Freistaat davon aus, dass der Mehrheitseigentümer von Qimonda, die Infineon AG, sich an einer Lösung angemessen beteiligt. Qimonda selbst muss jetzt sicherstellen, dass auch die weiteren Eckpunkte seines Business-Planes aufgehen.
Im Einzelnen heißt das:
- Die Qimonda-Muttergesellschaft Infineon AG beteiligt sich gleichzeitig mit einem unkonditionierten dauerhaften Beitrag in Höhe von 150 Millionen Euro in bar finanziell an einer Gesamtkapitalzuführung. Nur so kann Qimonda das zur Einführung der neuen Technologie [buried Wordline] benötigte Darlehen in Höhe von 300 Mio. Euro erhalten.
- Die Qimonda AG belegt die Geschlossenheit der im Business-Plan des Unternehmens dargelegten Finanzierung im Einzelnen.
- Die Qimonda AG gibt für ihren Standort Dresden eine Bestandsgarantie ab, die die vorgesehene Konversion des Moduls 3 und den Neubau des Moduls 4 umfasst.
- Das Darlehen des Freistaates Sachsen muss zunächst von der EU-Kommission genehmigt werden.
In einer Presseerklärung machte die Infineon AG allerdings bereits deutlich, dass diese Forderungen bei weitem die Möglichkeiten übersteigen, wie sie Infineon in den Verhandlungen mit dem Freistaat frühzeitig und deutlich zum Ausdruck gebracht hat. „Wir bedauern außerordentlich, dass unsere Vorschläge vom Freistaat Sachsen nicht berücksichtigt worden sind“, sagt Peter Bauer, Sprecher des Vorstands der Infineon Technologies AG. „Infineon hat trotz der äußerst angespannten Marktlage einen Kredit angeboten in Verbindung mit dem Verkauf eines substantiellen Aktienpaketes an den Freistaat. Wir sind mit dem Angebot an die Grenze der noch vertretbaren Belastungen gegangen.“ Die Infineon Technologies AG ist weiterhin zu Gesprächen mit der Staatsregierung von Sachsen bereit.
Für den Ministerpräsidenten gelte es jetzt standhaft bei der eingeschlagenen Linie zu bleiben, sagte Sven Morlok, wirtschaftspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion im Sächsischen Landtag: „Auch aus unserer Sicht ist es sinnvoll, einen exponierten Halbleiterstandort wie Dresden als Leuchtturm der europäischen Chipindustrie zu erhalten. Allerdings nicht um jeden Preis.“ Seine Fraktion begrüße es außerordentlich, dass es eine bedingungslose Quimonda-Rettung um jeden Preis, wie von SPD-Wirtschaftsminister Jurk kolportiert worden sei, nicht geben werde.
Olivier Höbel, Bezirksleiter der IG Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen, forderte, dass sich der Mehrheitseigentümer seiner Verantwortung stellt und sich an einer Lösung angemessen beteiligt. Dazu gehören auch Bestandsgarantien der Qimonda AG für die am Standort neu entwickelten Technologien“, machte Höbel deutlich.
Bereits seit Oktober fordert die IG Metall eine industriepolitische Initiative, die den Erhalt einer integrierten Halbleiterindustrie in Deutschland zum Ergebnis hat. Insbesondere in Sachsen sei die Halbleiterindustrie mit erheblichen staatlichen Subventionen zu einer kritischen Größe herangewachsen, die eine eigenständige Entwicklung neuer Technologien und Produkte ermöglicht. Dresden sei der bedeutendste Halbleiter-Cluster Europas und einer der bedeutendsten der Welt.
Kommentare
Ein Beitrag zu “Freistaat bereit zu 150-Millionen-Euro-Darlehen”
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Mittwoch, 17. Dezember 2008 @ 18:18
[…] Nach der Ablehnung des Qimonda-Angebots der Staatsregierung durch die Infineon AG melden sich mit Karl-Heinz […]