Preisgekrönter „Federsprung“ von West nach Ost
Donnerstag, 20. November 2008
Chemnitz. Die TU Chemnitz und die Deutsche Postbank AG haben heute Abend im Industriemuseum erstmals den mit 20.000 Euro dotierten Technologietransfer-Preis „wissen.schafft.arbeit“ vergeben. Erste Preisträger sind die TU Darmstadt und die IFC Composite GmbH Haldensleben für eine Leichtbaublattfeder. Gegenüber einer herkömmlichen Stahlfeder bietet die neuartige Feder bessere fahrdynamische Eigenschaften, ist etwa 70 Prozent leichter, korrosionsfrei und benötigt weniger Bauraum.
„Die Jury war besonders von der Art und Weise des Technologietransfers beeindruckt“, berichtet Jury-Mitglied Dirk Berensmann, IT-Vorstand der Postbank AG und fügt hinzu: „Diese faszinierende und zukunftsweisende Entwicklungsleistung eines Forscherteams an der TU Darmstadt, die sich in Haldensleben in eine Großserienfertigung und in eine Firmenneugründung mit 70 hochwertigen Arbeitsplätzen umsetzen ließ, gilt als  Musterbeispiel eines erfolgreichen Technologie- und Wissenstransfers.“ Und genau nach derartigen Beispielen suche der Wettbewerb „wissen.schafft.arbeit“. Er richtet sich an Wissenschaftler sowie kleine und mittelständische Unternehmen, die in der Zusammenarbeit einen effektiven Wissens- und Technologietransfer durchgeführt haben. „Insgesamt gingen aus ganz Deutschland 42 Bewerbungen an der TU Chemnitz ein. Sie kamen aus vielen Branchen – von der Biotechnologie über den Maschinenbau bis hin zur Informations- und Kommunikationstechnik“, berichtete Rektor Prof. Dr. Klaus-Jürgen Matthes, der von der hohen Qualität der Bewerbungen beeindruckt war. „Beim Sieger war sich jedoch die Jury schnell einig“, fügte Matthes hinzu.
Bei der Verleihung des Preises war auch Sachsen Wissenschaftsministerin Eva-Maria Stange anwesend. Sie sagte: „In enger Zusammenarbeit mit sächsischen Unternehmen modernste Technologien und neueste wissenschaftliche Erkenntnisse umzusetzen, ist eine der wichtigsten Aufgaben unserer Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Dieser Aufgabe müssen sie sich zukünftig noch intensiver widmen.“ Dass dies zusätzlich zu den vorhandenen Aufgaben geschehen müsse und nicht zu Lasten der Lehre gehe dürfe, sei ein hoher Anspruch.
Die Darmstädter Wissenschaftler um Prof. Schürmann waren bereits in den 80iger Jahren davon überzeugt, dass es eines Tages zur Großserienfertigung von Faserverbund-Blattfedern kommen würde. Dieser Vision folgten sie konsequent und hartnäckig in ihrer gut strukturierten Forschungsarbeit und fanden 2004 in der IFA GmbH, Haldensleben (der heutigen IFC Composite GmbH) den richtigen Partner. Das Unternehmen aus Sachsen-Anhalt fragte an, ob die Darmstädter in der Lage seien, für den Sprinter von Daimler Blattfedern aus einem Faser-Kunststoff-Verbund zu entwickeln. Die Forscher sagten ja und bereits der erste Prototyp hielt allen geforderten Belastungen stand. Zahlreiche Prototypen mit optimierten Geometrien und unzählige Tests auf Prüfständen und in Fahrzeugen folgten. Nachdem das Unternehmen den Auftrag zur Serienfertigung der Sprinter-Feder, die baugleich auch im VW Crafter eingesetzt wird, erhielt, startete 2006 in Haldensleben die erste deutsche Großserienproduktionsanlage für Blattfedern aus glasfaserverstärktem Kunststoff. Als Herstellungsverfahren wurde das Heißpressverfahren gewählt, das Lufteinschlüsse nahezu vermeidet und dank des hohen Pressdrucks für eine hohe Qualität  der Blattfedern sorgt. Jährlicher Ausstoß: 240.000 Federn, die weltweit zu den höchst belasteten Bauteilen innerhalb der Faserverbundtechnik gehören. Positiver Effekt dieses erfolgreichen Technologietransfers für das Unternehmen und die Region: 70 neue Arbeitsplätze wurden geschaffen. Und auch das Spezialwissen um die neuen Federn und deren Fertigung wanderte von West nach Ost in die neue Firma IFC Composite GmbH, viele Unternehmensmitarbeiter wurden monatelang in Darmstadt geschult. Noch heute arbeiten beide Partner eng zusammen – etwa bei der Entwicklung neuer, hochbelastbarer Werkstoffkombinationen und neuer Federkonzepte.
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