Wirtschaft in Sachsen

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IHK-Leipzig stellt Sonderumfrage zu Auswirkungen der Finanzmarktkrise vor

Donnerstag, 13. November 2008

Leipzig. Die Industrie- und Handelskammer (IHK) zu Leipzig hat in einer Sonderumfrage unter ihren Mitgliedsunternehmen die Auswirkungen der Finanzmarktkrise auf die regionale Wirtschaft ermittelt. Insgesamt sind von den befragten Unternehmen gut ein Drittel von einer Verschlechterung ihrer wirtschaftlichen Lage betroffen. Die Unternehmen führen jedoch die allgemeine konjunkturelle Entwicklung als Hauptursache hierfür an. In naher Zukunft befürchten die Firmen aber zunehmend negative Auswirkungen der Finanzmarktkrise auf die Konjunktur. Eine erhebliche Drosselung beziehungsweise Einstellung der Kreditvergabe an die regionalen Unternehmen konnte hingegen nicht festgestellt werden.Die Umfrageergebnisse wurden erstmals gestern beim IHK-Finanzmarktforum in Leipzig vorgestellt. Bei diesem Forum diskutierten Unternehmer, Vertreter von Banken, Kreditinstituten und Branchenverbänden sowie Wirtschaftswissenschaftler der Region über die globale Finanzkrise und die daraus resultierenden Handlungsstrategien für die mittelständische Wirtschaft.

An der Befragung, die Ende Oktober/Anfang November durchgeführt wurde, beteiligten sich 369 Mitgliedsunternehmen der IHK zu Leipzig aus der Industrie, dem Baugewerbe, dem Handel, dem Gastgewerbe, dem Verkehrsgewerbe sowie aus dem Dienstleistungsgewerbe. Gefragt wurden sie nach der Umsatz- beziehungsweise Auftragsentwicklung, möglichen Ursachen für diese Entwicklungen, den Geschäftsaussichten, Kreditkonditionen und Personalplänen.
Die Ergebnisse der IHK-Sonderumfrage im Einzelnen:

  • Gedämpfte Wirtschaftsaussichten durch allgemeine Konjunkturentwicklung

Gut ein Drittel der befragten Unternehmen stellt derzeit eine rückläufige Entwicklung bei der Auftrags- bzw. Umsatzentwicklung fest. Jedoch benennen nur 11 Prozent der Firmen, deren wirtschaftliche Lage sich verschlechtert hat, die Finanzmarktkrise als Ursache. Der überwiegende Teil der Befragten sieht die Hauptursache für die aktuelle Wirtschaftssituation in der allgemeinen konjunkturellen Entwicklung.

  • Keine „Kreditklemme“ feststellbar

Die Kreditkonditionen haben sich im Zuge der Finanzmarktkrise für den Großteil der Unternehmen nicht verändert. Mehr als zwei Drittel der Befragten stellten gleichgebliebene Kreditkonditionen fest. Dennoch hat sich der Anteil der Unternehmen, bei denen sich die Konditionen verschlechtert haben, nahezu verdoppelt (aktuell 30,9 Prozent der Firmen). Insbesondere haben sich die Voraussetzungen für eine Kreditvergabe verschlechtert, was das Investitionsverhalten der Unternehmen beeinträchtigt.
Auch der Anteil der Unternehmen, denen Kreditanträge abgelehnt und/oder Kredite gekündigt wurden, hat sich in etwa verdoppelt, liegt aber weiterhin unter 10 Prozent. Demnach kann auf gesamtwirtschaftlicher Ebene nicht von einer „Kreditklemme“ gesprochen werden.

  • Firmen befürchten künftig negative Auswirkungen der Finanzmarktkrise

Etwa die Hälfte der Unternehmen erwartet jedoch, dass von der Finanzmarktkrise in den kommenden sechs bis zwölf Monaten verstärkt negative Folgen auf die konjunkturelle Entwicklung ausgehen könnten. 9,2 Prozent der Befragten befürchten gar eine Existenzbedrohung für das eigene Unternehmen. Infolge dieser Einschätzungen rechnen etwa 27 Prozent der Befragten mittelfristig mit einem Personalabbau. Dies äußerten vor allem Firmen des Baugewerbes, der Verkehrswirtschaft und des Gastgewerbes.

  • Erwartungen der Industrie durch Finanzmarktkrise gedämpft

Die Industrie als Wachstumsträger der sächsischen Wirtschaft ist – auch aufgrund ihrer starken Auslandspräsenz – in besonderem Maße von den Auswirkungen der Finanzmarktkrise betroffen. Etwa 41 Prozent der befragten Industriebetriebe stellt Auftragsrückgänge im Inlandsgeschäft fest, wohingegen nur 16 Prozent ein Auftragsplus verbuchen können. Im Auslandsgeschäft gingen die Aufträge bei 35,5 Prozent der befragten Industriebetriebe zurück (Auftragsplus im Auslandsgeschäft bei 16,1 Prozent der Firmen).
Auch bei den anderen Wirtschaftszweigen ist die Tendenz zum Auftrags- beziehungsweise Umsatzrückgang erkennbar. Nach der positiven Geschäftsentwicklung der Industrie in den vergangenen Jahren sind die Erwartungen in dieser Branche im Vergleich aber besonders deutlich gefallen.

  • Wirtschaftsfreundliche Gesetze und Entlastungen nötig

Der Präsident der Leipziger IHK, Wolfgang Topf, fordert vor dem Hintergrund künftiger Auswirkungen der Finanzmarktkrise auf, Unternehmen und Privathaushalte zu entlasten, um eine positive wirtschaftliche Entwicklung zu unterstützen. „Damit sich die Befürchtungen der Unternehmen hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Entwicklung nicht in großem Maß bewahrheiten, muss sich die Politik auf die wirtschaftsfreundliche Ausgestaltung aktueller Gesetzesvorhaben konzentrieren. Wir benötigen eine Erbschaftsteuerreform, die Familienunternehmen begünstigt, ein Abrücken vom Gesundheitsfonds sowie Entlastungen und eine Vereinfachung bei der Besteuerung vor allem kleiner und mittlerer Einkommen. Damit wird die Kaufkraft der Bevölkerung gestärkt – das würde der Wirtschaft nachhaltig zu Gute kommen“, so Topf. Mit Hinblick auf den aktuell ausgehandelten Kompromiss bei der Erbschaftsteuerreform sagte er, dieser sei in Zeiten einer sich abschwächenden Konjunktur ein falsches Signal.

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