Wirtschaft in Sachsen

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Kaupthing-Chronik Teil 2

Dienstag, 28. Oktober 2008

Leipzig/Berlin. Während die deutschen Kunden der unter Staatsaufsicht stehenden isländischen Kaupthing-Bank weiter um ihre Ersparnisse bangen müssen, bekommen die Kunden in der Schweiz ihr Geld ausgezahlt. Für viele Sparer in Deutschland ist das vollkommen unverständlich, zumal sich immer mehr abzeichnet, dass vom 500-Milliarden-Euro-Rettungspaket nur die Staatsbanken profitieren.„Berlin wird das Geld nicht los“ titelte die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung auf Seite 1. Als erste und bisher einzige Kunden für den Stabilisierungsfonds werden in dem Artikel die Bayern LB, die HSH Nordbank und die West LB genannt – mithin alles Staatsbanken. Bisher hat kein privates Institut auch nur ansatzweise angedeutet, dass es die Hilfen des Staates in Anspruch nehmen würde. Angelastet wird das vor allem Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann. Der soll gesagt haben, dass er sich schämen würde, in der Krise auf die Staatsgelder zurückzugreifen. Aus anderen Kreisen heißt es aber auch, dass das Rettungspaket nur geschnürt wurde, um die maroden Staatsbanken zu retten, was allerdings ohne das Bedrohungspotential einer globalen Finanzkrise nur schwer zu vermitteln gewesen wäre.
Den Kunden der deutschen Niederlassung der Kaupthing-Bank hilft das nicht wirklich weiter. Zwar heißt es aus dem Bundesfinanzministerium, dass sich die Bundesregierung „derzeit auf allen möglichen Ebenen“ dafür einsetzt, dass die deutschen Sparer beziehungsweise Anleger der Kaupthing-Bank im Entschädigungsfall vom isländischen Einlagensicherungsfonds entsprechend ihren gesetzlichen Ansprüchen entschädigt werden, doch viel getan hat sich bisher nicht. Dabei trifft die Verstaatlichung nicht nur wirtschaftlich unbedarfte Menschen, wie es Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) in einem Interview mit der Tageszeitung „Die Welt“ suggerierte. Nach einem Bericht in der aktuellen Ausgabe des Nachrichtenmagazins „Der Spiegel“ (Titel: „Keine Nachricht aus Mittelerde“) sind ein Gesundheitsökonom der Uni Duisburg-Essen genauso betroffen wie der Pressesprecher des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Ingesamt haben 30.800 Deutsche nach Angaben der BaFin rund 308 Millionen Euro auf ihren Kaupthing-Konten liegen. Allerdings ist das immer noch nicht einmal die Hälfte von den 800 Millionen Euro, die die von Glos´ Parteifreunden kontrollierte Bayern LB nach „Spiegel“-Informationen in isländischen Geysiren versenkt haben soll. Um nicht ebenfalls in diesen zu verschwinden, rief die Bayern LB schnell nach staatlicher Hilfe. Die Hilferufe von 30.800 deutschen Kaupthing-Kunden verhalten dagegen bisher ungehört.
In die Vorgänge hat sich deshalb jetzt auch Axel Troost, Leipziger Bundestagsabgeordneter der Linken und Mitglied im Finanzausschuss des Bundestages, eingeschaltet. In einem Brief an die Sparerinnen und Sparer von Kaupthing Edge schreibt er im Namen seiner Fraktion unter anderem: „Ihre Einwände dagegen, dass die Garantie der Kanzlerin über alle Spareinlagen für Ihre Einlagen nicht gelten solle, halten wir für vollkommen berechtigt.“
In ihrer Regierungserklärung vom 7. Oktober versprach Angela Merkel: „Kein Sparer muss um seine Einlagen fürchten. Diese Zusage gilt.“ Für Axel Troost ist der Fall damit klar: Die betroffenen deutschen Sparer sollten sich auf die Zusage der Kanzlerin berufen. „Selbst wenn Merkel ihre Zusage im Kleingedruckten auf nationale Kreditinstitute bezog – sie tat es unabhängig davon, ob eine Bank lediglich unter die gesetzliche, europäisch vereinbarte Mindestsicherung von 20.000 Euro fällt oder darüber hinaus dem freiwilligen Einlagensicherungsfonds angehört“, schreibt Troost weiter. Gleichzeitig verweist er darauf, dass von insgesamt 213 deutschen Privatbanken lediglich 180 Mitglied der freiwilligen Einlagensicherung sind. „Es bleiben also auch in Deutschland 33 Privatbanken, die sich mit der gesetzlichen Mindestsicherung begnügen und nun gleichwohl von der staatlichen Komplett-Zusage profitieren. Im Fall der Kaupthing Bank ist die Bundesregierung gefordert, die Ernsthaftigkeit ihres Versprechens zu zeigen“, so Troost.

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Kommentare

4 Beiträge zu “Kaupthing-Chronik Teil 2”

  1. Student
    Mittwoch, 29. Oktober 2008 @ 15:50

    Es ist einfach nur ungeheuerlich und beängstigend, dass man dem Versprechen einer Regierung wohl nicht trauen kann. Bevor meine einlagen bei der Kaupthing Bank eingefroren wurden, habe ich überlegt ob ich mein Geld im Zuge der Finanzmarktkriese nicht aus dem Geldinstitut abziehen soll. Ja ich war sogar schon eingeloggt und bereit zum Klick, der mir meine 20000 Euro auf mein Verechnungskonto überwiesen hätte. Nach Gesprächen mit freunden und Bekannten die auch ihr Geld bei der Kaupthing angelegt hatten, kamen wir zum Entschluss das geld doch eingezahlt zu lassen. Hauptbeweggrund dieser Tat war das Versprechen von Angela Merkel, dass alle Spareinlagen deutscher Sparer sicher seien. Nach nun mehr drei Wochen der Ungewissheit komme ich mir als deutscher Spaarer regelrecht „verarscht“ vor. Die Briten haben ihre Einlagen wieder und viele andere Staaten und deren Sparer auch. Warum ist dies in einem Land wie unserem nicht möglich?
    Wie immer bei Geldanlagen habe ich mich ausgiebig vorab informiert, nicht zuletzt aufgrund meines Wirtschaftsstudiums weis ich das Vorsicht immer geboten sein sollte. Das Geld sollte lediglich zwischengeparkt werden und zur Fimanzierung der ersten eigenen Wohnung nach der Diplomarbeit dienen. Ob daraus etwas wird, weis ich noch nicht. Es bleibt nur die möglichkeit weiter zu bangen und zu hoffen, dass das Geld doch nicht im schlon versunken ist.
    Oder sollte man doch der klassischen Theorie glauben, wonach Geld lediglich ein Schleier sei?

  2. “Süddeutsche Zeitung”: Privatbanken wollen sich doch retten lassen
    Donnerstag, 30. Oktober 2008 @ 08:23

    […] der acht staatlichen Landesbanken angekündigt, die staatliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Von Kritikern musste sich die Bundesregierung deshalb den Vorwurf gefallen lassen, das Hilfspaket sei lediglich […]

  3. Verbraucherzentralen: Kunden nicht im Regen stehen lassen
    Montag, 03. November 2008 @ 19:32

    […] die Besitzer von Lehman-Zertifikaten unbürokratisch entschädigen. Im Falle der isländischen Kaupthing-Bank müsse die Bundesregierung sicherstellen, dass Kunden ihre Einlagen zurückerhalten. Für die […]

  4. WiS-Wochenrückblick (2) Wer schützt Glos?
    Freitag, 07. November 2008 @ 23:52

    […] noch die 288 Millionen, die die bundeseigene KfW-Bank unter anderem bei der jetzt verstaatlichten Kaupthing-Bank in Island versenkt hat, konnten ihm bisher etwas anhaben. Dabei war es Glos, der im Interview mit […]

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