Wirtschaft in Sachsen

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Wenn die Tochter die Geschäfte übernimmt

Dienstag, 13. Mai 2014

Andreas Barth hat die Nachfolge in seinem Unternehmen frühzeitig geregelt: Seit 2011 ist seine Tochter Annett auch Geschäftsfürherin. Foto: fotostudiowest

Andreas Barth hat die Nachfolge in seinem Unternehmen frühzeitig geregelt: Seit 2011 ist seine Tochter Annett auch Geschäftsfürherin. Foto: fotostudiowest

Bis 2018 muss in etwa 5300 sächsischen Firmen der Staffelstab an die nächste Generation übergeben werden. Andreas Barth, Geschäftsführer und Inhaber mehrerer Unternehmen in Limbach-Oberfrohna (Landkreis Zwickau) hat frühzeitig den Weg für eine erfolgreiche Unternehmensübergabe geebnet.

Eigentlich könnte sich Andreas Barth, Geschäftsführer des Softwarehauses Delta Barth in Limbach-Oberfrohna, gemütlich zurücklehnen. Vor drei Jahren hat der 59-Jährige die Geschäfte des 61 Mitarbeiter zählenden Unternehmens an seine Tochter Annett übergeben. Nach einem Jura- und Betriebswirtschaftsstudium in Augsburg und München stieg die 35-Jährige 2007 im Vertrieb des Unternehmens ein. „Also an einer Stelle, an der es richtig weh tut“, sagt Andreas Barth. Lohn der Mühe: Seit 2011 ist Annett Barth Geschäftsführerin des Unternehmens.

Laut einer Studie des Instituts für Mittelstandsforschung Bonn stehen im Zeitraum 2014 bis 2018 etwa 135.000 Unternehmen deutschlandweit zur Übergabe an. Dies bedeutet nach Angaben der Industrie- und Handelskammer Chemnitz für Sachsen, dass in etwa 5300 Firmen der Staffelstab an die nächste Generation übergeben werden muss. „Der Erfolg von Übernahmegründern ist daher aus arbeitsmarktpolitischer Sicht und für den Erhalt des Unternehmensbestandes wichtig. Sie setzen auf bewährte Geschäftsmodelle und sichern Arbeitsplätze“, erläutert IHK-Präsident Franz Voigt.

Doch wann ist der richtige Zeitpunkt für eine Übergabe? „Ich denke, im Alter von 50 bis 55 Jahren sollten sich Unternehmenseigentümer Gedanken machen, wie sie die Nachfolge gestalten wollen“, sagt Andreas Barth. Der Königsweg ist es in seinen Augen, wenn sich in der eigenen Familie ein geeigneter Kandidat findet, der noch dazu auch das nötige Interesse mitbringt. Denkbar sei auch ein Management-buy-Out, also die Übergabe an einen fähigen Mitarbeiter, während sich der Eigentümer in den Beirat oder Aufsichtsrat zurückzieht. „Die besten Entwicklungsmöglichkeiten zeigen Familienbetriebe, wenn die Ziele und Werte der Eigentümerfamilien und die der angestellten Top-Manager in Einklang stehen“, sagt Thomas Rinn, Partner bei der Unternehmensberatung Roland Berger. Eine aktuelle Studie seines Hauses kam gerade zu dem Schluss, dass es sich bewährt hat, ein Aufsichtsgremium als Puffer und zugleich Bindeglied zwischen Familie und Geschäftsführung zu installieren.

Die Experten von Roland Berger Strategy Consultants und der Anwaltssocietät Binz & Partner haben in der neuen Studie „Führung in Familienunternehmen – Erfolgsfaktoren im magischen Dreieck“ drei Punkte herausgearbeitet, auf die es besonders ankommt: Kontinuität in der Führung, die optimale Einbindung der Familie und den rechtzeitig eingeleiteten Nachfolgeprozess. Dafür wurden Inhaber und angestellte Geschäftsführer verschiedener Familienunternehmen interviewt. Das Ergebnis: Unternehmen werden als Leistungsorganisation bewertet, nicht als Erbengemeinschaft. „So erkennen immer mehr Firmen, dass es wegen der immer stärkeren Komplexität der Märkte oft einfacher ist, kompetente Fremdmanager zu bestimmen als einen Nachfolger innerhalb der Gründerfamilie zu finden“, heißt es in einer Presseinformation von Roland Berger.

Um ihren Einfluss auf die Firma geltend zu machen, haben Familienmitglieder nach Einschätzung der Unternehmensberater drei Möglichkeiten: Sie können das Aufsichtsgremium von innen oder von außen steuern, den Vorstand direkt beeinflussen oder unmittelbar auf die Mitarbeiter einwirken. Die Ansichten, wie Manager und Eigentümer am besten zusammenarbeiten, sind ebenso vielfältig wie die Firmenstrukturen und die Familienkonstellationen. Drei Typen haben die Experten von Roland Berger und Binz & Partner identifiziert:


Abstinenzler:
Sie glauben, dass Familienmitglieder nicht unbedingt operativ im Unternehmen tätig sein müssen, sondern eher im Aufsichtsrat oder Beirat. Die Familie soll auf keinen Fall bevorzugt werden, so wirkt die Firma attraktiver für externe Geschäftsführer.


Absolutisten:
Sie fordern, dass an der obersten Führungsspitze stets Familienmitglieder stehen. Diese sollten sich allerdings in Führungspositionen außerhalb des Unternehmens schon bewährt haben. Weitere, gleichberechtigte Geschäftsführer sind wegen des Primates der Familie nicht vorgesehen.


Optimisten:
Sie sind der Meinung, dass Familienmitglieder jede Position im Unternehmen besetzen können und auch sollten, sofern sie fachlich qualifiziert sind. Grundsätzlich sind sie toleranter gegenüber der jüngeren Generation, der sie erlauben, in eine Führungsrolle innerhalb des Familienunternehmens hineinzuwachsen.

Grundsätzlich gilt: „Es gibt für Familienunternehmen kein ‚richtig‘ oder ‚falsch‘ und daher auch keinen Königsweg. Insbesondere können bewährte Führungsmodelle nicht unbesehen von einem auf das andere Familienunternehmen übertragen werden“, so Rechtsanwalt Prof. Dr. Mark Binz.

Den Verkauf des Unternehmens hält Andreas Barth für die schlechteste Variante: „Man weiß nie, was der neue Eigentümer mit dem Unternehmen und den Mitarbeitern macht.“ Auf das jahrelang aufgebaute Lebenswerk habe man dann keinen Einfluss mehr. Viele Eigentümer würden sich aber wünschen, dass dieses Lebenswerk weitergeführt wird, macht IHK-Präsident Franz Voigt deutlich.

Auf Einladung der Region Mittelsachsen in der Industrie- und Handelskammer Chemnitz wird der Geschäftsführer am Dienstag ab 16 Uhr bei einem Themennachmittag zur Unternehmensnachfolge im Gründer- und Innovationszentrum Freiberg referieren. Mit Sicherheit wird er dabei auch davon erzählen, dass aus dem Ruhestand für ihn noch nichts geworden ist: Mit dem Fertigungsnetzwerk, einem Zusammenschluss von sechs mittelständischen Unternehmen, bleibt er weiterhin unternehmerisch aktiv.


Die Industrie- und Handelskammer Chemnitz informiert in dieser Woche mit Veranstaltungen und Expertensprechtagen Unternehmensübergeber und Nachfolger zum Thema.

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