Gastgewerbe vor großen Herausforderungen
Freitag, 22. Januar 2010

Gastgewerbe vor großen Herausforderungen
Dresden. Das sächsische Gastgewerbe befindet sich in einem deutlich wahrnehmbaren Strukturwandel. Das bestätigt die Grundlagenuntersuchung der Branche, die heute im sächsischen Wirtschaftsministerium vor Vertretern des Branchenverbandes DEHOGA Sachsen, der Industrie- und Handelskammern, Banken und Verantwortlichen der Tourismusbranche vorgestellt wurde.Im Auftrag des sächsischen Wirtschaftsministeriums hat das Leipziger Regionalbüro der BBE RETAIL EXPERTS Unternehmensberatung GmbH den betriebswirtschaftlichen Ist-Zustand des Hotel- und Gaststättengewerbes analysiert und darauf aufbauend das Entwicklungs- und Investitionspotenzial eingeschätzt.
„Vom Wareneinsatz und den Personalkosten bis zu Betriebs-, Verwaltungs- und Wartungskosten liefert die Studie Benchmarks, an denen sich die Unternehmen messen können“, so Wirtschaftsminister Sven Morlok (FDP). „Damit ist sie ein wertvolles Instrument, um eigene Schwachpunkte zu erkennen und die richtigen Entscheidungen für die Zukunft zu treffen.“ Für Banken, Touristiker, Unternehmens- und Steuerberater sowie die Branche begleitende Institutionen sei die Untersuchung wichtige Arbeitsgrundlage. „Für die Staatsregierung ist sie Basis, um über die weitere Ausrichtung der Tourismuspolitik entscheiden zu können.“
Für die Studie wurden 328 Unternehmen befragt. Es wurden die Kennzahlen der Jahre 2000, 2004 und 2008 verglichen. Darüber hinaus liefert die Studie Informationen, wo Sachsens Gastgewerbe im Bundesvergleich stehen.
Mit rund 9.400 Unternehmen, einem Umsatz von rund 1,7 Milliarden Euro, rund 33.500 Vollzeit- und mehr als 9.200 Teilzeitbeschäftigten ist das Gastgewerbe ein bedeutender Wirtschaftsfaktor in Sachsen. Die Branche ist vor allem klein- und mittelständisch geprägt. Mit ihrer regionalen Verankerung sichert die Branche Arbeitsplätze auch jenseits der Ballungszentren, fördert die regionale Wirtschaftskraft und trägt nicht unwesentlich zur Lebensqualität bei. Mit 4.800 Ausbildungsplätzen bildet das Gastgewerbe 5,2 Prozent aller Auszubildenden mit Arbeitsort Sachsen aus.
Während Gasthöfe bei den gastgewerblichen Strukturen in Sachsen im Bundesvergleich rund ein Zehntel stärker vertreten sind, haben Restaurants und Gaststätten deutlich geringere Anteile.
Generell erzielen die gastgewerblichen Unternehmen – besonders in der Hotellerie – in Sachsen deutlich geringere Durchschnittsumsätze je Unternehmen. So liegt der Umsatz des sächsischen Gastgewerbes mit 410 Euro pro Kopf der Bevölkerung bei etwa 58 Prozent des Bundesdurchschnitts. Im Vergleich mit den Jahren 2003 und 2005 ist die Leistungskraft von 345 Euro über 365 Euro pro Kopf der Bevölkerung gestiegen.
Der Anstieg des Umsatzes um insgesamt 12,6 Prozent im Zeitraum 2004 bis 2007 geht mit einem deutlich wahrnehmbaren Strukturwandel innerhalb der Branche einher. Die Studie stellt fest: Fullservice und eindeutige Qualitätsmerkmale sind maßgebliche Entscheidungsfaktoren, die die Gäste immer stärker einfordern. Verlierer in diesem Prozess sind vor allem die durch kleine Betriebsgrößen geprägten Pensionen und Gasthöfe.
Von 1992 bis 2008 wurden im sächsischen Gastgewerbe rund 4,5 Milliarden Euro, davon rund 1,4 Mrd. Euro staatliche Fördermittel, für Direktinvestitionen eingesetzt. Der Anteil der Unternehmen, die aus Gründen der finanziellen Belastbarkeit keine weiteren Investitionen tätigen können, hat zugenommen. So haben in den vergangenen drei Jahren rund 37 Prozent der Hotelleriebetriebe und mehr als 40 Prozent der Gastronomiebetriebe nicht investiert. Um das erreichte Angebotsniveau zu halten, sind mittelfristig für Ersatzbeschaffungen und Modernisierungen laut Studie Investitionen in Höhe von 536 Mio. Euro nötig. Die Unternehmen haben in ihren Investitionsplanungen jedoch nur rund 168 Mio. Euro vorgesehen. Die Gutachter schätzen ein, dass es neben dem weiteren Werteverzehr in einigen Jahren zu einem größeren Investitionsstau kommen werde.
Seit 1994 untersucht der Freistaat in regelmäßigen Abständen den „betriebswirtschaftlichen Ist-Zustand des Hotel- und Gaststättengewerbes nach Betriebsarten und Betriebsgrößen mit Einschätzung des zukünftigen Entwicklungs- und Investitionspotenzials“. Die Folgestudien erschienen 1997, 2000 und 2004. Sachsen verfügt als einziges ostdeutsches Bundesland über solch ein kontinuierliches Monitoring.
Foto: Dieter Schütz © Pixelio.de
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