Offener Brief des Ministerpräsidenten an die sächsischen Bürger
Donnerstag, 16. Oktober 2008
Liebe Abgeordnete des Sächsischen Landtages,
meine sehr verehrten Damen und Herren,
in diesen Tagen stehen wir in einer großen Verantwortung. Die Entwicklung auf den internationalen Finanzmärkten macht in Deutschland und Europa ein entschlossenes, schnelles und verantwortungsvolles Handeln aller Akteure notwendig. Die Bundesrepublik Deutschland und die Bundesländer waren und sind gemeinsam gefordert, ein Signal zu setzen, dass das notwendige Vertrauen in die Märkte wiederherstellt.Dabei geht es nicht zuletzt auch um das Ansehen Deutschlands in der Welt. In einem föderalen System geht es gerade in diesen Stunden um die Übernahme von Verantwortung in kürzester Zeit. Soeben haben in Berlin die Bundesregierung und die Regierungschefs der Länder sich auf eine Teilung der Ergebnisse des Finanzmarktstabilisierungsfonds geeinigt. Danach gilt für Sachsen Folgendes:
1.   Sachsen wird keine Lasten anderer Landesbanken in Deutschland tragen. Das heißt, der Freistaat Sachsen steht für seine eigenen Garantien, jedoch nicht für Garantien anderer Landesbanken ein. Jedes Bundesland wird die Risiken seiner eigenen Landesbanken bzw. seiner Anteile an Landesbanken selbst tragen. Damit ist gesichert, dass alle Länder im Hinblick auf ihre Landesbanken bzw. ihrer Beteiligung an Landesbanken gleich behandelt werden.
2.   Sachsen steht zu Deutschland. Es ist Wesen des Föderalismus, Chancen und Risiken zu teilen. Für über die Landesbanken hinausgehende Risiken aller Banken in Deutschland, wurde eine solidarische Lösung gefunden. Diese Risiken werden von der Bundesrepublik und den Länder gemeinsam geschultert. Der Bund wird 65 % der Lasten übernehmen, die Länder 35 %. Beim Management des Fonds haben die Bundesländer in allen grundsätzlichen Fragen ein Mitspracherecht erreicht.
3.   Weiterhin ist es in den Verhandlungen heute gelungen, die Beteiligung der Länder auf einen Höchstbetrag von 7,7 Mrd. EURO zu begrenzen. Für Sachsen heißt das: Für die Zeit nach 2012 geben wir die Garantie für rd. 340 Mio. €, sollten diese als Verlust aus diesem Finanzmarktstabilisierungsfonds hervorgehen. Dieser Betrag ist also unser maximaler Anteil an Verlusten aus diesem Fonds. Die Berechnungsgrundlage dafür ist die Einwohnerzahl sowie die Wirtschaftkraft unseres Landes. Das bedeutet: Große leistungsstärkere Länder leisten einen großen Beitrag, wir in Sachsen entsprechend unserer Stärke einen kleineren Beitrag. Wir tun das zur Stabilisierung der Finanzmärkte.
Wir alle erinnern uns an die schwierigen Wochen im Jahr 2002 während der Jahrhundertflut. Die Hilfe und Zuwendung, die wir Sachsen aus ganz Deutschland damals erfahren haben, hat uns beeindruckt und geprägt. Solidarität hieß damals, das die EU, Bund und Länder fast 5 Mrd. Euro für den Wiederaufbau unseres Landes zur Verfügung gestellt haben.
Solidarität heißt heute, dass wir Sachsen für die Sicherheit auch unserer eigenen privaten Spareinlagen, der Kredite für Handwerker, Unternehmen und Großbetriebe zu Deutschland stehen. Weder Deutschland insgesamt noch irgendein Bundesland allein können sich von den internationalen Finanzmärken abkoppeln.
Die heute in Berlin gefundene Lösung ist ein gutes Ergebnis in einer schwierigen Zeit. Ich bin überzeugt davon, dass die Stabilisierungsmaßnahmen aus dem Fond wirken werden und so einen Beitrag zur Stützung der Wirtschaftentwicklung leisten werden. Das ist vor allem auch ein wichtiger Beitrag gegen Arbeitslosigkeit.
Stanislaw Tillich,
Ministerpräsident des Freistaats Sachsen
Kommentare
Ein Beitrag zu “Offener Brief des Ministerpräsidenten an die sächsischen Bürger”
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Donnerstag, 16. Oktober 2008 @ 22:58
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