Diskussionen über Finanzmarkt-Rettungspaket im Landtag
Donnerstag, 16. Oktober 2008
Dresden. Die Lage ist Ernst, doch Sachsens Finanzminister Georg Unland fand zur heutigen Landtagssitzung zunächst blumige Worte: „Die weltweite Finanzmarktkrise hat jetzt das gesamte internationale Finanzsystem infiziert und auch Europa mit voller Wucht erreicht“, so Unland. Was in einem Teilsegment des US-amerikanischen Hypothekenmarktes begann, habe aufgrund der engen Vernetzung der Finanzmärkte tiefe Spuren auf den internationalen Geld- und Kapitalmärkten hinterlassen.Weil niemand weiß, was die Papiere der Banken noch wert sind und der Markt eine unzureichende Transparenz aufweise hersche unter den Bankern ein großes Misstrauen. Die zins- und geldpolitischen Maßnahmen der Notenbanken haben bisher daran nichts ändern können. „Nach derzeitigem Eindruck sind die Marktkräfte allein nicht mehr in der Lage, das System zu stabilisieren“, so Unland. Deshalb sei es die fundamentale Aufgabe des Staates, das Vertrauen in den Finanzmarkt wiederherzustellen und eine weitere Zuspitzung der Finanzmarktkrise zu verhindern. Die dramatische aktuelle Lage erfordere in ganz Europa staatliche Interventionen zum kurzfristigen Krisenmanagement, so auch in Deutschland. Bundestag und Bundesrat sollen deshalb morgen dem Maßnahmepaket zur Stabilisierung des Finanzmarktes zustimmen.
Das zusammengefasste Finanzvolumen des Pakets liegt bei 480 Milliarden Euro. Die gegenwärtige Diskussion zwischen Bund und Ländern konzentriert auf die Beteiligung der beiden Seiten. Laut Gesetzentwurf tragen die Länder 35 Prozent und der Bund 65 Prozent des Defizits nach Abwicklung des Fonds. Die Aufteilung auf die einzelnen Länder soll zur Hälfte nach Einwohnern und zur Hälfte nach dem Bruttoinlandsprodukt 2007 in jeweiligen Preisen erfolgen. „Damit würden die Länder sowohl die Haftung für Bankinstitute des Bundes (z.B. KfW) als auch für private Banken mit übernehmen“, erklärte Unland. Der Entwurf legt zudem fest, dass die Länder nach Abwicklung des Fonds zudem für jene Beträge haften müssen, die ihre eigenen Landesbanken und Sparkassen (einschließlich Organisationen) vom Fonds erhalten haben und die ausgefallen sind. „Das heißt also: diejenigen Bundesländer, nach deren Landesrecht das Unternehmen errichtet wurde, oder die zum Zeitpunkt der Maßnahmen an dem betreffenden Unternehmen beteiligt sind, tragen die finanziellen Lasten allein. Die Länderfinanzminister wollen jedoch keine Doppelhaftung sondern votieren für ein entweder…oder“, so Unland weiter.
Auch André Hahn, Fraktionsvorsitzender der Linken, sprach sich gegen eine Doppelbelastung der sächsischen Steuerzahler aus: „Es muss daher aus unserer Sicht eine unmittelbare Anrechnung der bereits bestehenden Finanzverpflichtungen des Freistaates für die Folgen des Notverkaufes der Sachsen LB in Höhe von 2,75 Milliarden Euro geben.“ Seine Fraktion stellte fünf weitere Forderungen auf (1. angemessene Haftungsregelungen für Vorstände und Aufsichtsgremien im Finanzsektor, 2. Rückzahlung der Gelder in angemessener Frist, 3. die Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen, 4. Mitsprachemöglichkeiten für die Länder und 5. Auflage eines Konjunkturprogramms zur Wiederankurbelung der Wirtschaft).
Ähnlich sahen es auch die Grünen. „Unsere Forderungen sagen: Volle Mitsprache bei den Kreditinstituten, die den Fonds in Anspruch nehmen. Das wird viele Private raushalten. Die werden versuchen, die Krise selbst zu lösen. Das finde ich gerecht. Die Banken müssen, wenn sie den Fonds in Anspruch nehmen, eine marktgerechte Risikoprämie bezahlen, damit der Staat noch etwas davon hat, dass er für die Banken bürgt. Die Vorstände und Aufsichtsräte müssen unserer Meinung nach persönlich haften, wenn sie gegen aufsichtsrechtliche Bestimmungen verstoßen. Die Pensionsrückstellungen, Tantiemen und Boni der Vorstände und leitenden Angestellten müssen dem Staat verpfändet werden, so lange die Bank den Fonds in Anspruch nimmt“, sagte die Grünen-Abgeordnete Antje Hermenau. Gleichzeit sieht sie das Ende des Kapitalismus gekommen: „Die gesamte ökonomische Denkschule hat weltweit abgewirtschaftet. Der angelsächsische Kapitalismus hat in dem Moment kapituliert, als die Banker in ihren Limousinen bei den Politikern vorfuhren und um staatliche Hilfe ersuchten, nachdem sie diese jahrelang als die größten Deppen der Nation beschimpft und immer zum Heraushalten aufgefordert hatten.“
Kommentare
Antworten